Formale Anforderungen an die Kündigung – Schriftform

Ob eine Kündigung des Arbeitsvertrags Bestand hat oder im Ergebnis von den Arbeitsgerichten aufgehoben wird, hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab.

Eine nur mündlich ausgesprochene Kündigung ist nichtig, §§ 125 S. 1, 623 BGB. Das gilt in der Regel auch dann, wenn der Arbeitnehmer von sich aus seinen Arbeitsvertrag gekündigt hat (Eigenkündigung), (vgl. BAG, Urteil vom 12.03.2009, 2 AZR 894/07 – Rn 18; BAG, Urteil vom 16.09.2004, 2 AZR 659/03, B.I. der Gründe). Allerdings soll sich in Einzelfällen der Arbeitnehmer nicht auf die fehlende Schriftform seiner eigenen Kündigung berufen dürfen (vgl. LAG Mainz, Urteil vom 08.02.2012, 8 Sa 318/11); LAG München, Urteil vom 13.07.2006, 6 Sa 1150/05).

Das Gesetz stellt an die Schriftform strenge Anforderungen, insbesondere muss die Kündigung eigenhändig unterzeichnet sein. Unzureichend ist daher eine Kündigung per FAX, wie beispielsweise das Landesarbeitsgericht Mainz (GNr. 10 Sa 475/03)  entschieden hat. Denn der FAX-Empfänger erhält nur einen FAX-Ausdruck – vergleichbar einer Fotokopie – der lediglich eine kopierte aber keine eigenhändige Unterschrift trägt.

An einer eigenhändigen Unterschrift fehlt es auch, wenn die Kündigung lediglich mit einer Paraphe unterzeichnet worden ist. Wenn also das “Gebilde” keinerlei Bezug zu einem Namen hat (LAG Frankfurt,  Urteil vom 22.03.2011, 13 Sa 1593/10 – Rn 27 ff. – ferner LAG Stuttgart, Urteil vom 20.02.2013, 4 Sa 93/12 zur bloßen Paraphe unter einer Kündigungsschutzklage).

Im Falle einer Änderungskündigung muss zudem nicht nur die eigentliche Kündigungserklärung sondern auch die angebotene Vertragsänderung schriftlich fixiert werden (BAG, Urteil vom 18.01.2007, 2 AZR 796/05 – Rn 52).

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Die Frage der eigenhändigen Unterschrift stellt sich auch dann, wenn die Kündigung von einem Mitarbeiter mit dem Kürzel “i.A.” unterzeichnet worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2007, 6 AZR 145/07 – Rn 15). In einem solchen Fall kann es sich aber auch um eine grundsätzlich zulässige Stellvertretung handeln. Wird das Kündigungsschreiben nicht im eigenen Namen sondern in Vertretung des Arbeitgebers unterzeichnet, so muss der Kündigung eine Vollmachtsurkunde beigefügt werden. Das gilt auch für den Fall, dass bei einer BGB-Gesellschaft einer der Gesellschafter die Kündigung auch für einen anderen Gesellschafter mitunterzeichnet (LAG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2011, 16 Sa 35/11).

Der Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmer auch gesondert über eine Bevollmächtigung unterrichten, beispielsweise bereits im Arbeitsvertrag. Die Kündigungsbefugnis einer dritten Person ist dem Arbeitnehmer allerdings nicht in ausreichender Weise mitgeteilt worden, wenn sie lediglich mit Niederlassungsleiter bezeichnet wird, ohne dass der Arbeitnehmer weiß, wer der Niederlassungsleiter ist (BAG, Urteil vom 14.04.2011, 6 AZR 727/09 – Rn 22).

Fehlt dem Kündigungsschreiben die Vollmachtsurkunde, so ist die Kündigung zwar nicht unwirksam, sie kann jedoch vom Arbeitnehmer gemäß § 174 BGB zurückgewiesen werden. Unter Umständen verliert der Arbeitgeber damit wichtige Zeit. Denkbar ist, dass in einem zweiten Anlauf nicht mehr fristlos gekündigt werden kann oder der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit Kündigungsschutz erworben hat, weil die Wartezeit abgelaufen ist.
Will der Arbeitnehmer eine Kündigung, der keine Vollmachtsurkunde beigefügt war, zurückweisen, so muss er dieses unverzüglich tun. § 174 BGB kennt zwar keine starre Frist, die Zurückweisung der Kündigung ist jedoch in der Regel nach Ablauf von mehr als einer Woche nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB (BAG, Urteil vom 08.12.2011 – 6 AZR 354/10 – Rn 33).

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Sonderfall: Bestellung zum Geschäftsführer – stillschweigende Kündigung des Arbeitsvertrages

Wechselt ein Arbeitnehmer in die Geschäftsführung seines Unternehmens, so ist seine zukünftige Organstellung nicht mit dem Status als Arbeitnehmer vereinbar (denn er ist nunmehr dem Lager des Arbeitgebers zuzurechnen). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 19.07.2007, 6 AZR 774/06) soll daher im Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführeranstellungsvertrages gleichzeitig auch die (schrift-)formgerechte Beendigung des bis dahin geltenden Arbeitsvertrages liegen. Das gelte zumindest dann, wenn zukünftig höhere Bezüge gezahlt werden. Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg soll jedoch ein nur mündlich abgeschlossener Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht genügen, dass Schriftformerfordernis des § 623 BGB zu erfüllen. Folglich führt ein mündlich abgeschlossener Geschäftsführeranstellungsvertrag lediglich zum einem ruhenden Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis lebt wieder auf, sobald der Geschäftsführer von seinem Amt abberufen wird. (Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 05.07.2010, 7 Ta 24/09 ; BAG, Beschluss vom 15.03.2011, 10 AZB 32/10).

Inhalt des Kündigungsschreiben

Im Regelfall müssen im Kündigungsschreiben keine Kündigungsgründe genannt werden. Ausnahmen bestehen aber nach dem Mutterschutzgesetz (§ 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG) und dem Berufsbildungsgesetz (§ 22 Abs. 3 BBiG). Im Anwendungsbereich der beiden Vorschriften müssen bereits im Kündigungsschreiben die Kündigungsgründe angegeben werden (so genannte qualifizierte Schriftform). Werden im Kündigungsschreiben keine Kündigungsgründe genannt, so  ist die Kündigung mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam. Das gleiche gilt, wenn sich die qualifizierte Schriftform aus dem Arbeitsvertrag ergibt (BAG, Urteil vom 25.10.2012, 2 AZR 845/11 – Rn 25).

Adressat der Kündigung

Die Kündigung muss an den richtigen Adressaten gerichtet sein und sie muss ihn auch erreichen. Der richtige Empfänger ist in der Regel diejenige Person, der der Arbeitsvertrag gekündigt werden soll. Das kann anders sein, wenn ein Arbeitnehmer geschäftsunfähig ist. Richtiger Adressat ist dann der gesetzliche Vertreter (vgl. BAG, Urteil vom 28.10.2010, 2 AZR 794/09 – Rn 24)  – und dieser darf dann nicht nur zufällig oder beiläufig von der Kündigung des Arbeitsvertrages erfahren haben.
Bei einem minderjährigen Auszubildenden ist das Ausbildungsverhältnis gegenüber den Eltern zu kündigen (BAG, Urteil vom 08.12.2011 – 6 AZR 354/10 – Rn 18).

Zugang der Kündigung – Zugangsvereitelung

Will der Arbeitgeber mit seiner Kündigung eine bestimmte Kündigungsfrist bzw. einen Kündigungstermin wahren, so sollte er mit der Kündigung nicht bis zum allerletzten Moment warten. ob ein kündigungsschreiben bei Einwurf in den Briefkasten noch am gleichen Tag zugeht hängt stark von den regionalen Unterschuieden ab (ausführlich für einen Einwurf um 13:25 Uhr: BAG, Urteil vom 28.08.2019, 2 AZR 111/19, Rn 10 ff.). Weiterhin soll eine vom Arbeitgeber dem Ehepartner des Arbeitnehmers nachmittags an dessen Arbeitsplatz übergebene Kündigungserklärung noch am selben Tag zugehen – selbst dann, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung erst einen Tag später (hier zugleich im nächsten Monat) übergeben bekommt (BAG, Urteil vom 09.06.2011, 6 AZR 687/09 – Rn 8).

Vom Tag des Zugangs hängt so dann der Lauf der 3-wöchigen Klagerhebungsfrist ab (vgl. dazu BAG, Urteil vom 28.05.2009, 2 AZR 732/08 – Rn 18), mit deren Versäumen die Kündigung grundsätzlich wirksam wird (BAG, Urteil vom 26.03.2015, 2 AZR 483/14 – Rn 17 ; BAG, Urteil vom 22.03.2012, 2 AZR 224/11 – Rn 19ff.). Nur in Ausnahmefällen wird ein hilfsweise gestellter Antrag auf nachträgliche Klagzulassung Erfolg haben.

Verweigert der Arbeitnehmer in einem Gespräch die Entgegennahme eines Kündigungsschreiben (BAG, Entscheidung vom 26.03.2015, 2 AZR 483/14 – Rn 20) oder schaut er auch nachmittags nicht in seinen Briefkasten, obwohl ihm die Übergabe eines Kündigungsschreiben angekündigt wurde (BAG, Entscheidung vom 26.03.2015, 2 AZR 483/14 – Rn 37), muss er möglicher Weise so behandeln lassen, als sei die Kündigung bereits früher zugegangen, mit der weiteren Konsequenz, dass die Klagerhebungsfrist entsprechend früher endete.

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Kündigungsfristen und vorzeitige Kündigung

Kündigt der Arbeitgeber mit zu kurzer Frist, so ist möglicher Weise die Kündigung allein aus diesem Grund unwirksam. Das ist der Fall, wenn sich die Kündigung nicht dahingehend auslegen lässt, es solle mit der zutreffenden Frist gekündigt werden. Wird der Arbeitsvertrag eindeutig vorzeitig gekündigt, so muss der Arbeitnehmer auch dann innerhalb der 3-Wochenfrist des § 4 KSchG tätig werden, wenn es ihm nur um den richtigen Beendigungstermin geht. Anderenfalls wird die Kündigung mit Fristablauf zum verfrühten Termin wirksam (§ 7 KSchG) und der Arbeitnehmer verliert insbesondere die Vergütungsansprüche bis zum Ablauf der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist (BAG –  Urteil vom 01.09.2010, 5 AZR 700/09 – Rn 12).

Ein falsches Beendigungsdatum im Kündigungsschreiben ist dagegen unschädlich, wenn sich durch Wendungen wie „fristgemäße Kündigung zum“ oder „hilfsweise Kündigung zum nächstmöglichen Termin“ ergibt,  dass die ordnungsgemäße Kündigungsfrist eingehalten werden soll. Der Arbeitnehmer verliert daher seine Ansprüche auf Verzugslohn auch dann nicht, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt (BAG, Urteil vom 15.05.2013, 5 AZR 130/12 – Rn 15, BAG – 2. Senat, Urteil vom 15.12.2005 – 2 AZR 148/05 – Rn. 15 ff.,  Urteil vom 06.07.2006 – 2 AZR 215/05 – Rn. 12 ff. und BAG – 6. Senat, Urteil vom 22.07.2010, 6 AZR 480/09 – Rn. 10 ff.).

Kündigungsgrund und Kündigungshindernis

Ob eine formal ordnungsgemäße Kündigung den Arbeitsvertrag tatsächlich wirksam beendet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes muss ein anerkannter Kündigungsgrund vorliegen.

Das Kündigungsschutzgesetz unterscheidet nach

  • betriebsbedingten,
  • verhaltensbedingten und
  • personenbedingten

Kündigungen, welche unterschiedliche Voraussetzungen haben. Eine alphabetische Übersicht der Kündigungsgründe finden Sie hier.